Was ist die Aktienrente?
Die gesetzliche Aktienrente ist ein Projekt der Bundesregierung. Mit diesem Instrument will sie einen Finanzierungsnotstand für die gesetzliche Rentenversicherung verhindern, der aufgrund der Bevölkerungsentwicklung droht. Für die Aktienrente in Deutschland soll zukünftig ein Aktienfonds an der Börse Gewinn erwirtschaften. Dann stünde mehr Geld für die Rentenzahlungen zur Verfügung.
Es ist wichtig zu wissen, dass es sich bei der Aktienrente in dieser Definition nicht um ein Angebot für eine private Altersvorsorge handelt. Es geht also nicht darum, dass Sie sich persönlich Aktien für die Rente zulegen. Vielmehr will Finanzminister Christian Lindner (FDP) mit der gesetzlichen Aktienrente die deutsche Rentenversicherung langfristig auf stabile Beine stellen.
Wie funktioniert die Aktienrente?
Für die staatliche Aktienrente wird zunächst ein vom Staat organisierter Aktienfonds aufgebaut. Das darin enthaltene Geld soll an der Börse breit gestreut angelegt werden und dort eine gute Rendite erzielen. Den Fonds plant die Regierung als eine zusätzliche Komponente der gesetzlichen Rentenversicherung. Er soll als Rücklage fungieren.
Die Ampel-Koalition wollte den Fonds für die gesetzliche Aktienrente 2023 aus Haushaltsmitteln aufbauen. Dafür waren 10 Milliarden Euro eingeplant. Der Fonds soll sich nicht aus den Beitragszahlungen speisen. Für diese sind keine Anhebungen geplant. Jedoch machte das Haushalts-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 15. November 2023 der Regierung einen Strich durch die Rechnung. Für das so genannte "Generationenkapital" ist nun zunächst kein Geld mehr im Etat. Das Projekt ist verschoben.
Mit der Aktienrente will der Bund die Rentenkasse aufbessern. Sie soll zukünftig zur Stabilität der Rente und der Rentenbeiträge beitragen. Auf diese Weise will man die finanziellen Lücken in der Rentenversicherung stopfen oder zumindest verringern.
Warum will Deutschland die gesetzliche Aktienrente einführen?
Das deutsche Rentensystem basiert darauf, dass die jetzigen Beitragszahler in einen Rententopf einzahlen. Dieses Geld wird dann direkt benutzt, um die Rente der Senioren zu bezahlen. Die Jungen zahlen also für die ältere Generation. Das nennt man Umlageverfahren. Die Finanzierung erfolgt über die monatlichen Rentenversicherungsbeiträge der Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Das deutsche Rentensystem hat ein Problem
Die Anzahl der Beitragszahler in Deutschland sinkt: Es gibt immer weniger Arbeitnehmer und Selbstständige, die die Rente für immer mehr Empfänger zahlen sollen. Während 2021 noch 100 Menschen im Erwerbsalter 62 zu Versorgenden gegenüberstanden, werden es laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2038 voraussichtlich 79 sein, sofern nicht unerwartet viele Menschen aus anderen Ländern in die Bundesrepublik ziehen und hier arbeiten.
Die langfristige Finanzierung der Rente ist also ungeklärt. Wenn die zukünftige Rente nicht zunehmend geringer ausfallen soll, müssten die Rentenbeiträge der Einzahler erheblich steigen. Arbeitnehmern bliebe dann weniger netto von ihrem Bruttolohn übrig. Alternativ könnte der Bund den fehlenden Betrag der Rentenversicherung zuschießen oder das Rentenalter kontinuierlich anheben. Alle drei Maßnahmen sind schwierig und unbeliebt. Daher denken Politiker schon länger darüber nach, wie sie die Rente reformieren können.
Auf die Idee mit der Aktienrente kamen die Politiker mit Blick nach Skandinavien, wo es ähnliche Modelle bereits gibt. Die FDP machte 2021 mit ihrer expliziten Forderung nach einer Aktienrente Bundestagswahlkampf. Die Grünen setzten sich für eine ähnliche Idee ein, einen „Bürgerfonds“ mit nachhaltigen Anlagen. Die SPD stellte sich eine zusätzliche Vorsorge nach dem Vorbild Schwedens vor.
Die geplante gesetzliche Aktienrente ist ein Kompromiss der Ampelkoalition. Ist sie ein Erfolg, könnten bei gleichbleibenden Rentenversicherungsbeiträgen in Zukunft mehr Renten ausgezahlt werden. Die Abhängigkeit des Rentensystems von den Beitragszahlern würde sich reduzieren. Die Aktienrente könnte die Belastungen für nachfolgende Generationen verringern.
Wann kommt die Aktienrente in Deutschland?
Die Rücklage für die Aktienrente kann wegen der Haushaltsschwierigkeiten des Bundes nicht wie geplant aufgebaut werden. Mit dem nun nicht mehr zur Verfügung stehenden Kapital wollte der Bund einen staatlich organisierten Fonds ins Leben rufen. Derzeit ist unklar, wann dies nun stattfindet. Es sollten jedoch eh noch keine Erträge in die Rentenkasse ausgeschüttet werden. Das ist erst ab Mitte der 2030er Jahre geplant. Dann soll die Aktienrente einen Beitrag zur Stabilisierung der Beiträge der gesetzlichen Rentenversicherung leisten.
Welche Vorbilder gibt es für die Aktienrente?
Die Treiber der aktuellen deutschen Rentenreform haben sich von zwei skandinavischen Ländern inspirieren lassen. Als ein Vorbild für die deutsche Aktienrente gilt Norwegen. Das Land legt Einnahmen aus seinen Ölexporten in einem Staatsfonds an, der den hohen Lebensstandard seiner Bürger sichern soll. Dieser staatliche Pensionsfonds investiert seit 1998 auch in Aktien. Seitdem erzielt er durchschnittlich eine höhere Rendite als der deutsche Leitindex DAX.
Die Aktienrente in Schweden heißt Prämienrente. Seit der Jahrtausendwende zahlen die Arbeitnehmer dort 2,5 % ihres Bruttoeinkommens in einen Vorsorgefonds ein. Dabei können sie unter 800 staatlich zugelassenen und einem staatlich verwalteten Fonds wählen. Letzterer heißt AP7-Fonds. Er ist weltweit diversifiziert und ähnelt zu 94 % einem MSCI-ACWI-ETF. Der AP7-Fonds erzielte in den letzten 20 Jahren im Schnitt eine Rendite von 11 %.
Insgesamt macht die Prämienrente nur einen kleinen Teil der schwedischen Gesamtrente aus. Ein wichtiger Unterschied des dortigen Rentensystem zu unserem ist die Tatsache, dass in Schweden anders als in Deutschland alle Erwerbstätigen, also auch Selbstständige und Beamte, in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen.
Wie teuer wird die Aktienrente?
Ursprünglich hatte die Bundesregierung im Haushalt für 2023 eine Summe von 10 Milliarden Euro für die Aktienrente eingeplant. Weil das Bundesverfassungsgericht diesen Haushalt kippte, wird die Aktienrente verschoben. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hätte für dieses Projekt am liebsten ganz andere finanzielle Dimensionen zur Verfügung. Der Befürworter der Aktienrente sagte dem „Tagesspiegel“: „Wir brauchen mittel- bis langfristig eine dreistellige Milliardensumme“. Nur dann könnten seiner Ansicht nach die Erträge der Aktienanlagen einen spürbaren Effekt auf die Stabilisierung der Rentenbeiträge und das Rentenniveaus haben.
Wie viel Geld die Regierung in den kommenden Jahren in den Fonds zur Aktienrente steckt und wann dies stattfindet, ist zum jetzigen Zeitpunkt unklar. Auch wie die Finanzierung dieser Beträge aussehen soll, bleibt unbekannt. Denkbar ist beispielsweise u. a. die Aufnahme von Schulden und die Übertragung von Vermögenswerten an den Fonds. Dafür kämen Aktien infrage, die der Bund hält. Bislang ist kein gesonderter Beitrag für Arbeitnehmer vorgesehen.
Welche Kritik gibt es an der Aktienrente?
An der Aktienrente wird vor allem aus zwei Gründen Kritik laut. Experten befürchten bei einer Aktienrente als Nachteil, dass die Gewinne aus dem Fonds nicht ausschließlich für die Altersvorsorge verwendet, sondern eventuell für andere Bereiche abgezweigt werden könnten, wo die Regierung gerade Geld brauche. Eine solche Zweckentfremdung will die Ampelkoalition jedoch per Gesetz unterbinden.
Gegner der Aktienrente äußern zudem Zweifel, ob die Bundesregierung in der Lage sei, am Kapitalmarkt verlässlich Gewinne zu erwirtschaften. Verluste an der Börse wären eine zusätzliche Belastung für die Rentenkasse. Es besteht die Angst, dass Spekulationen fehlschlagen und die Rentengelder quasi „verzockt“ würden. Diesem Risiko wollen die Befürworter der Aktienrente durch breit diversifizierte Anlagen und langfristige Investments vorbeugen.