Zinswende: Endet die Strafzinsen-Ära 2024?
Mit der ersten Erhöhung der Leitzinsen durch die Europäische Zentralbank (EZB) im Juli 2022 hat sich der Trend zu Negativzinsen umgekehrt. Die Banken strichen ihre Verwahrentgelte entweder ganz oder erhöhten die Grenzen der Freibeträge. Im September 2023 stieg der EZB-Leitzins auf 4,5 %, im Juni 2024 erfolgte die erneute Zinswende, im Oktober 2024 wurde der Hauptrefinanzierungssatz auf 3,40 % gesenkt. Der für Sparzinsen maßgebliche Einlagensatz liegt aktuell bei 3,25 %. Ein Leitzins in dieser Höhe sollte das Ende der Negativzinsen bedeuten.
Die ING schaffte zum 1. August 2022 ihre Negativzinsen ab. Auch bei der Sparkassen-Gruppe gibt es keine Negativzinsen mehr. Die Deutsche Bank, Norisbank und die Postbank strichen am 15. August das Verwahrentgelt. Die Commerzbank nahm die Gebühren rückwirkend ab dem 1. Juli zurück. 90 % der Volks- und Raiffeisenbanken erheben ebenfalls keine Strafzinsen mehr. Es gibt nur noch wenige Banken mit Negativzinsen. Experten gehen davon aus, dass zunehmend mehr Banken ohne Negativzinsen um Privatkunden werben.
Begründet werden die Maßnahmen mit der Anpassung an das allgemein steigende Zinsniveau in Deutschland. Lange mussten die Banken Zinsen bezahlen, wenn sie Geld bei der EZB parken. Diese Kosten gaben viele Geldinstitute über Negativzinsen an ihre Kunden weiter. Die EZB hat diesen Strafzins jedoch längst gestrichen. Damit müssen die Banken kein Geld mehr für Einlagen bei der EZB zahlen, erhalten jetzt sogar Zinsen von der EZB. Hintergrund der strafferen Geldpolitik war die hohe Inflation, die im Euroraum zeitweise weit über dem von der EZB angestrebten Ziel von 2 % lag. Die allermeisten Banken zogen nach und verzichteten ihrerseits auf Strafzinsen für ihre Kunden. Deutsche Sparer dürfen sich auf eine komplette Abschaffung von Negativzinsen freuen.
Welche Banken verlangen keine Negativzinsen von ihren Privatkunden?
Fragen Sie sich: Welche Bank verlangt keine Negativzinsen? In der folgenden Liste finden Sie eine Auswahl der überregionalen Banken ohne Negativzinsen (Stand: 18. Juli 2023). Diese Geldinstitute erheben für Privatkunden keine Strafzinsen oder Verwahrentgelte, auch keine Negativzinsen aufs Sparbuch. Dies schließt Angebote für ein Tagesgeldkonto ohne Negativzinsen ein.
- 1822direkt
- Advanzia Bank
- Bank of Scotland
- Bank11
- Barclays
- BMW Bank
- BW-Bank
- Commerzbank
- DAB BNP Paribas
- DenizBank
- Deutsche Bank
- DKB
- FFB
- Ford Money
- GEFA Bank
- Hanseatic Bank
- Hypo-Vereinsbank
- IKB
- ING
- KT Bank
- Mercedes-Benz Bank
- Merkur Privatbank
- MLP Bank
- N26
- NIBC Direct
- Norisbank
- Openbank
- Opel Bank
- Onvista Bank
- pbb direkt (Deutsche Pfandbriefbank)
- Postbank
- PSA Direktbank
- Renault Bank
- Santander Bank
- Sparkassen
- Varengold Bank
Welche Banken verlangen Negativzinsen von ihren Privatkunden?
Es gibt noch einige Banken, die von ihren Privatkunden Negativzinsen verlangen. Es handelt sich dabei um überregionale Banken ebenso wie Online-Banken, regional tätige Institute und Genossenschaftsbanken, aber keine Sparkassen mehr. Verbraucherschützer bemängeln: In vielen Fällen werden diese Negativzinsen als "Verwahrentgelt" bezeichnet, so dass Kunden auf dem ersten Blick die Zinsen nicht wahrnehmen. In der folgenden Tabelle können Sie die großen überregionalen Banken nachlesen, die den Strafzins noch erheben.
Diese überregionalen Banken erheben aktuell Negativzinsen
Bank | Zins/Gebühr | Bemerkungen |
Ethikbank | - 0,5 % | ab Guthaben von 1.000.000 € |
Klarna | - 0,5 % | ab Guthaben von 500.000 € |
Solarisbank | - 0,5 % | ab Guthaben von 250.000 € |
Tomorrow | - 0,5 % | ab Guthaben von 50.000 € |
Quelle: Vergleich.de, Stand: 19. Juli 2023
Darüber hinaus nehmen zahlreiche regionale Genossenschaftsbanken Negativzinsen. Das liegt daran, dass gerade Genossenschaftsbanken stärker von den Einlagen ihrer Genossenschaftsmitglieder abhängig sind und weniger in riskante Kreditgeschäfte investieren als andere Geschäftsbanken. Daher machen sie bei sinkenden Einlagen ihrer Kunden auch höhere Verluste und sind eher gezwungen Negativzinsen zu erheben. In einigen Fällen wird nicht ausdrücklich ein Negativzins erhoben. Da der Zinssatz aber sehr niedrig ist, beziehungsweise bei 0 % liegt und zusätzlich eine Gebühr erhoben wird, wirkt diese Gebühr faktisch wie ein Strafzins. Hinzu kommen Banken, die Negativzinsen von Unternehmen, Kommunen und Geschäftskunden verlangen.
Wer seiner Bank Strafzinsen für sein Guthaben zahlen soll, erleidet einen finanziellen Verlust. Allerdings kann er diesen Betrag bei seiner Steuerklärung nicht als Verlust angeben, um diesen dann mit Gewinnen anderer Art zu verrechnen. Nach Ansicht des Bundesfinanzministeriums handelt es sich bei Negativzinsen nicht um Zinsen im Sinne des Gesetzes, sondern um eine Gebühr. Und diese sei bereits über den Sparerpauschbetrag in Höhe von 1000 € jährlich abgegolten, so das Ministerium in einer Mitteilung.
Wie kann ich Verwahrentgelt vermeiden?
Nach einer Umfrage der Bundesbank wären 50 % der Banken bereit gewesen, Negativzinsen auf die Einlagen von Privatkunden zu erheben, wenn die Zinsen niedrig geblieben wären. Inzwischen steht der EZB-Leitzins aber höher. Der Strafzins für Banken ist abgeschafft. Auch die allermeisten Banken haben seitdem die Negativzinsen für ihre Kunden gestrichen. In Zukunft ist davon auszugehen, dass Negativzinsen für Sparer ganz entfallen. Gefährdet von Negativzinsen sind derzeit bei einigen Geldinstituten noch das Girokonto, das Tagesgeld- und das Festgeldkonto sowie das Sparbuch. Wir zeigen Ihnen, welche Möglichkeiten Sie haben, um möglichen Strafzinsen zu entgehen.
Girokonto kündigen und wechseln
Wenn Sie mit Negativzinsen Ihrer Bank beim Girokonto nicht einverstanden sind, können Sie problemlos Ihr Girokonto kündigen und sich eine andere Bank suchen. So würden nach einer Umfrage des internationalen Online-Marktforschungsinstitutes YouGov übrigens 54 % der Bankkunden vorgehen. Bei der Suche nach einem neuen Girokonto ist ein Girokonto Vergleich hilfreich. So können Sie auf einen Blick sehen, welche Gebühren erhoben werden, wie hoch die Dispozinsen sind und an wie vielen Automaten Sie kostenlos Geld abheben können. In unserem Ratgeberartikel zeigen wir Ihnen ausführlich, wie Sie beim Girokonto-wechseln am besten vorgehen und was Sie alles beachten müssen.
Tagesgeldkonto auflösen
Auch ein Tagesgeldkonto kann von Negativzinsen betroffen sein, weil der Zinssatz jederzeit von den Banken geändert werden kann. Der Tagesgeldzins könnte also unter 0 % sinken. In diesem Fall ist ein Wechsel Ihres Tagesgeldkontos jederzeit von einem Tag zum anderen möglich. Es bestehen keine Kündigungsfristen. Falls ein Freistellungsauftrag besteht, sollten Sie diesen unbedingt kündigen und auf Ihrem neuem Tagesgeldkonto einrichten. Bei der Suche nach einem besser verzinsten Tagesgeldkonto hilft Ihnen unserer Tagesgeld Vergleich weiter.
Laufzeit beim Festgeldkonto beachten
Der Vorteil eines Festgeldkontos ist, dass die Bedingungen, zu denen Sie Ihr Geld anlegen, für die Laufzeit des Vertrages festgelegt sind. Die Bank kann also nicht einfach den Zinssatz verändern und einen Negativzins erheben. Wenn die Laufzeit Ihres Vertrages allerdings endet, ist das unter Umständen möglich. Dabei müssen zwei Varianten unterschieden werden:
- Am Ende der Laufzeit des Vertrages wird das Festgeldkonto aufgelöst und Ihnen wird die Sparsumme mit dem erzielten Gewinn ausgezahlt. In diesem Fall müssen Sie sich keine Sorgen um Negativzinsen machen.
- Am Ende der Laufzeit verlängert sich Ihr Vertrag automatisch um den gleichen Zeitraum (Prolongation) und die Zinsen werden den aktuellen Bedingungen angepasst. In diesem Fall könnte Ihre Bank Strafzinsen von Ihnen verlangen. Dann können Sie aber das Festgeldkonto zum Ende der vorherigen Laufzeit kündigen und der angesparte Betrag wird Ihnen ausgezahlt. Die Kündigungsfristen können je nach Anlagedauer sehr unterschiedlich sein, sie können wenige Tage aber auch 3 Monate betragen. Die genauen Fristen finden Sie in Ihren Vertragsunterlagen. Am sichersten ist eine schriftliche Kündigung, die Sie per Einschreiben abschicken. Aktuelle Festgeldzinsen und Informationen zur Kündigung eines Festgeldkontos finden Sie in unserem Festgeld Vergleich.
Bessere Anlagen als das Sparbuch nutzen
Das Sparbuch ist in Deutschland immer noch beliebt, obwohl es oft nur geringe Zinsen von z. T unter 0,1 % einbringt. Wenn Sie die Inflationsrate bedenken, die i. d. R. deutlich darüberliegt, machen Sie beim Sparen mit dem Sparbuch sogar Verluste. Daher wird – auch unabhängig von möglichen Negativzinsen – empfohlen, bestehende Sparbücher aufzulösen und sich eine lukrativere Form des Sparens zu suchen, wie zum Beispiel ein Festgeldkonto. Bei der Kündigung eines Sparbuches bestehen in den meisten Fällen Kündigungsfristen von drei Monaten. Erst danach können Sie frei über Ihr Geld verfügen.
Ausweichen auf Geldanlagen ohne Negativzinsen
Nach einer Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung würde sich knapp die Hälfte aller Kontonutzer in Deutschland neue Geldanlagen suchen, wenn ihre Bank Negativzinsen berechnen würde. Aber Investitionen mit einer hohen Renditechance besitzen auch ein erhöhtes Risiko. Zu den Alternativen, die nicht vom Negativzins betroffen sind, gehören:
Ausführliche Informationen zu Gewinnerwartungen und Risiken der verschiedenen Anlageformen finden Sie in unseren Anlagetipps.
Was sind Negativzinsen?
Einige Banken in Deutschland verlangen von ihren Kunden Zinsen für deren Spareinlagen, sogenannte Negativzinsen. Die Kunden dieser Banken müssen also Zinsen zahlen, wenn sie dort ihr Geld anlegen. Sie werden „bestraft“, deshalb werden Negativzinsen auch Strafzinsen der Bank genannt. Die Banken sprechen gerne schönfärberisch von einem „Verwahrentgelt“.
Den Auftakt machte im Mai 2017 die Volksbank Reutlingen. Als erste Bank in Deutschland führte sie Negativzinsen von 0,5 % ein, die für jeden Sparer ab dem ersten Euro auf ihren Girokonten greifen sollten. In den folgenden Jahren zogen Hunderte Banken nach und führten Negativzinsen für kleinere Guthaben ein. Meist lagen die Strafzinsen bei 0,5–1 %.
Während sich Sparer über Negativzinsen ärgerten, konnten sich Kreditnehmer freuen. Denn wer sich zu diesen Konditionen Geld von der Bank leiht, muss am Ende der Laufzeit weniger zurückzahlen, als er aufgenommen hat. Solche Angebote gab es bereits im Bereich Ratenkredit.
Es gibt zwei verschiedene Arten von Negativzinsen
Bei Negativzinsen werden zwei Formen unterschieden. Zum einen negative Nominalzinsen und zum anderen negative Realzinsen.
Der negative Nominalzins bezieht sich auf das konkrete Zinsangebot einer Bank. Der Zinssatz der Bank liegt dann im negativen Bereich, also unter 0 %, beispielsweise bei -0,5 %. Diesen Zinssatz auf die Einlage muss nicht die Bank an den Kunden zahlen, der sein Geld bei ihr anlegt, sondern der Kunde an die Bank. Für sein bei der Bank eingezahltes Ersparte bezahlt der Kunde also laufend 0,5 % Negativzinsen, die auch Verwahrentgelt oder Strafzinsen genannt werden.
Beim negativen Realzins ist die Inflationsrate höher als der Marktzins für Sparguthaben. Der Zinssatz, den ein Kunde auf sein Geld erhält, kann also über 0 % liegen, zum Beispiel bei 2 %. Wenn die Inflationsrate aber 3 % beträgt, dann verliert sein Erspartes trotz des positiven Zinssatzes 1 % an Wert.
Wegen Inflation: Negative Realzinsen können weiter bestehen
Bei Inflation kann Ihr Erspartes auf dem Konto auch dann an Wert verlieren, wenn Sie keine Negativzinsen an die Bank zahlen müssen. Negative Realzinsen liegen immer dann vor, wenn die Inflation höher ist als der Zinssatz, den Sie für Ihr Geld erhalten.
Im Folgenden berechnen wir beispielhaft die Höhe des Realzinses, mit dem ein Sparer in Deutschland zu verschiedenen Zeiten konfrontiert war.
Der Realzins zu verschiedenen Zeiten
| Zins | Inflation | Realzins |
Januar 2022 | -0,5 % | 4,9 % | -5,4 % |
Oktober 2024 | +3,50 % | 2,0 % | +1,50 % |
Nehmen wir an, Sie mussten im Januar 2022 Strafzinsen von -0,5 % auf Ihr Erspartes zahlen, und die Inflation betrug 4,9 %. Dann lagen die negativen Realzinsen bei 5,4 %.
Gehen wir davon aus, dass Sie im Oktober 2024 keine Negativzinsen mehr an Ihre Bank zahlen mussten, sondern sogar 3,50 % Zinsen erhielten. Die Inflation betrug 2,0 %. Dann sind die Realzinsen nicht mehr negativ. Statt -5,4 % betragen sie nun +1,50 %. Das Geld gewinnt also während der Laufzeit Ihrer Anlage jetzt an Kaufkraft.
Negativzinsen für Neu- und Bestandskunden
Negativzinsen für Sparer sind nur bei Neuverträgen zulässig. Das entschied das Landgericht Tübingen am 08.12.2017. Wer bereits ein Konto besitzt, darf nicht mit Negativzinsen belastet werden. Eine nachträgliche einseitige Anpassung der Vertragsbedingungen ist bei Bestandskunden unzulässig. Bei Neukunden sei dies anders: Sie würden sich bewusst auf die entsprechenden Konditionen einlassen.
Um dem Urteil zu entsprechen, haben viele Geldinstitute ihre Bankkunden angeschrieben und dazu aufgefordert, neuen Preismodellen (die oft einen Negativzins enthielten) schriftlich zuzustimmen. Stimmte ein Kunde dem zu, handelte es sich nicht mehr um eine „einseitige Anpassung der Vertragsbedingungen“ und der Negativzins war damit auch bei Bestandskunden rechtens. Weigerten Sie sich, diese Vereinbarung zu unterschreiben, konnte die Bank Ihnen kündigen. Denken Sie über einen Wechsel zu einer Bank ohne Negativzinsen nach.
Wieso gibt es Negativzinsen?
Jahrzehntelang funktionierte das Prinzip des Sparens und der Geldanlage ganz einfach. Sie zahlen Geld ein, zum Beispiel auf ein Sparbuch oder auf ein Festgeldkonto, und bekommen dafür von der Bank Zinsen. Die Höhe der Zinsen ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Ein wichtiger Punkt ist bei der Festsetzung des Zinssatzes der Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB).
Der Leitzins gibt vor, was die Banken selbst an Zinsen zahlen müssen, wenn sie sich Geld von den Zentralbanken der Länder leihen. In den vergangenen Jahren hatte die EZB die Leitzinsen immer weiter herabgesetzt, um damit die europäische Wirtschaft anzukurbeln. Der Gedanke hinter der Niedrigzinspolitik: Wenn die Zinsen niedrig sind, dann werden mehr Kredite aufgenommen und dadurch Investitionen gefördert, weil die Banken die günstigen Zinssätze an ihre Kunden weitergeben.
Von Banken, die ihr Geld dagegen bunkern und nicht in Form von Krediten an Ihre Kunden weitergeben, verlangte die EZB einen Strafzins. Da in der Praxis aber nicht alle Banken genügend Eigenkapital zur Refinanzierung der vergebenen Kredite haben, gaben Sie den Negativzins an Ihre Kunden weiter oder erhöhten bei Girokonten die Kontoführungsgebühren. 2022 erhöhte die EZB die Leitzinsen zum ersten Mal nach 11 Jahren wieder und danach kontinuierlich einige Male. Den Strafzins für Banken schaffte sie ab. Seitdem erhalten die Geldinstitute stattdessen wieder Zinsen.