Was ist ein Volltilgerdarlehen?
Ein Volltilgerdarlehen bezeichnet eine Variante des Annuitätendarlehens, bei der Sie Ihren Kredit über eine festvereinbarte Laufzeit komplett tilgen. Am Ende der Laufzeit bleibt keine Restschuld übrig. Ihre Kreditrate ist dabei jeden Monat gleich hoch – ideal für die zuverlässige Planung Ihrer Ausgaben. Üblicherweise bleibt am Ende einer Immobilienfinanzierung eine Restschuld übrig, die Sie mit einer Anschlussfinanzierung zu neuen Konditionen an die Bank zurückzahlen müssen.
Volltilgerdarlehen oder klassisch finanzieren, was passt besser zu mir?
Mit einer klassischen Finanzierung meinen wir einen üblichen Tilgungssatz von 1–3 %, bei der am Ende der Laufzeit eine Restschuld übrigbleibt. Um die Sonderform eines Volltilgerdarlehens besser davon unterscheiden zu können, stellen wir Ihnen hier die wesentlichen Merkmale vor.
Volltilgerdarlehen
- Das Volltilgerdarlehen ist darauf ausgerichtet, das gesamte Darlehen innerhalb der vereinbarten Laufzeit an die Bank zurückzuzahlen. Um das gewährleisten zu können, wird häufig eine Zeit zwischen 15 und 25 Jahren festgelegt. Grundlage für die Berechnung der monatlichen Rate ist bei einem Volltilgerdarlehen die vereinbarte Darlehenslaufzeit. Denn die Laufzeit bestimmt, wie hoch Sie tilgen müssen, damit am Ende der Laufzeit keine Restschuld mehr übrig ist. Je kürzer die Laufzeit, desto höher muss demnach die Tilgung sein. Daher ist die Tilgung bei einem Volltilgerdarlehen grundsätzlich höher als bei einem Annuitätendarlehen.
- Die feste Zinsbindung über die gesamte Kreditlaufzeit geht zu Lasten der Flexibilität. Sinken während dieser Periode die Zinsen, können sie Ihre Konditionen nicht an die aktuelle Situation anpassen und müssen die in Ihrem Vertrag festgehaltenen höheren Zinsen in Kauf nehmen. (Allerdings gilt auch hier Ihr grundsätzliches Recht, dass Sie Ihre Baufinanzierung nach 10 Jahren mit einer Kündigungsfrist von 6 Monaten kündigen können.)
- Sollte sich Ihre finanzielle Situation doch einmal ändern, sodass Sie die Raten nicht mehr begleichen können, gewähren die Banken in der Regel keine Tilgungspausen. Umgekehrt sind aber Sondertilgungen oder Tilgungssatzwechsel nach oben möglich. Damit wären Sie noch schneller fertig mit Ihrer Finanzierung. Sprechen Sie mit Ihrer Bank über die Konditionen des Vertrages.
Mit dem folgenden Tilgungsrechner können Sie beispielhaft Volltilgerdarlehen selbst berechnen. Dafür sind nur wenige Angaben, wie z. B. die Darlehenshöhe und die Dauer der Zinsbindung notwendig.
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Klassisches Annuitätendarlehen
- Das Annuitätendarlehen gehört zu den klassischen Kreditformen. In Ihrem Kreditvertrag vereinbaren Sie mit Ihrer Bank eine Zinsbindung sowie eine bestimmte Laufzeit, in der Sie das Darlehen zurückzahlen. Im Gegensatz zum Volltilgerdarlehen gelten die Konditionen für die ersten 5 bis 20 Jahre der Baufinanzierung, wobei am Ende dieser Periode eine Restschuld bleibt. Die Restschuld begleichen sie mit Hilfe einer Anschlussfinanzierung oder einer Umschuldung, sodass Sie nach Ablauf der Erstfinanzierung neue Konditionen mit der Bank aushandeln müssen. Am Anfang wird in der Regel relativ niedrig getilgt, sodass am Ende der Laufzeit häufig eine hohe Restschuld offen ist.
- Im Vergleich zum Volltilgerdarlehen haben Sie beim Annuitätendarlehen eine größere Flexibilität bei Tilgungssatzwechseln, auch wenn Sie ihn nach unten anpassen möchten. Auch Sondertilgungen können Sie vereinbaren, die Ihnen ermöglichen, einen bestimmten Betrag pro Jahr zusätzlich zu tilgen – so können Sie mit Bonuszahlungen oder einem 13. Gehalt Ihre Schulden schneller reduzieren. Dadurch verkürzen Sie die Gesamtlaufzeit Ihres Darlehens.
Beide Darlehensarten ermöglichen durch die konstant bleibenden Monatsraten eine hohe Planungssicherheit – beim Annuitätendarlehen innerhalb der Sollzinsbindung, beim Volltilgerdarlehen sogar über die gesamte Laufzeit. So entgehen Sie dem Zinsänderungsrisiko. Denn innerhalb der festgelegten Laufzeit kann sich Ihr Zinssatz nicht ändern.
Sowohl Annuitätendarlehen als auch Volltilgerdarlehen können Sie 10 Jahre nach dem vollständigen Empfang der Darlehenssumme mit einer Frist von 6 Monaten kündigen. Laut § 489 BGB ist dies ohne Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung möglich. Voraussetzung ist, dass der Darlehensvertrag innerhalb dieser 10 Jahre nicht verändert wurde.
Vorteile und Nachteile des Volltilgerdarlehens im Überblick
Im Folgenden möchten wir Ihnen die Vor- und Nachteile eines Volltilgerdarlehens im Überblick darstellen.
Vorteile:
- Planungssicherheit durch konstante monatliche Belastung (Rate bleibt über gesamte Laufzeit gleich hoch)
- kein Zinsänderungsrisiko (Zinsen bleiben über gesamte Laufzeit gleich hoch)
- keine Anschlussfinanzierung nötig
Nachteile:
- hohe monatliche Rate für einen langen Zeitraum (Tilgungsanteil muss sehr hoch sein, damit keine Restschuld bleibt)
- starke und langfristige Bindung an einen Kreditgeber (Ausnahme: nach 10 Jahren nach § 489 BGB)
- mangelnde Flexibilität: Die Laufzeit kann nicht verlängert werden
- in der Regel keine Tilgungsaussetzungen möglich (unflexibel bei Zahlungsschwierigkeiten)
Rechenbeispiel: So teuer sind Volltilgerdarlehen und Annuitätendarlehen
Bei einem Volltilgerdarlehen sind Ihre monatlichen Mehrkosten durch die hohe Tilgung erheblich höher als bei einem klassischen Annuitätendarlehen mit Restschuld. Ein Rechenbeispiel soll dies veranschaulichen. Wir nehmen an, Sie möchten für Ihre Baufinanzierung ein Darlehen in Höhe von 320.000 € mit einer Zinsbindung von 20 Jahren aufnehmen. Daraus ergeben sich für Sie folgende Kosten:
Volltilgerdarlehen | Annuitätendarlehen | |
---|---|---|
Darlehensbetrag | 320.000 € | 320.000 € |
Zinsbindung | 20 Jahre | 20 Jahre |
Sollzins | 3,30 % p.a. | 3,10 % p.a. |
Tilgung | 3,54 % | 2,0 % |
Monatsrate | 1.823,20 € | 1.360,00 € |
Restschuld nach 20 Jahren | 0 € | 142.979,57 € |
Welche Mehrbelastung entsteht mit einem Volltilgerdarlehen?
In unserem Beispiel zahlen Sie beim Volltilgerdarlehen monatlich etwa 460 € mehr an die Bank, was einer jährlichen Mehrbelastung von 5.520€ entspricht. Dafür haben Sie am Ende der Laufzeit keine Restschuld übrig – beim klassischen Annuitätendarlehen mit 2 % Tilgung sind es knapp 143.000 €. Durch den hohen Tilgungssatz sparen Sie beim Volltilgerdarlehen vor allem Zinskosten. Über 20 Jahre sind es rund 117.500 € Zinsen im Vergleich zu rund 149.400 € mit nur 2 % Tilgung.
Bei einer hohen Tilgung zahlen Sie über die gesamte Laufzeit weniger Zinskosten an die Bank. Um das aufzufangen, berechnet die Bank Ihnen einen kleinen Zinsaufschlag.
Für wen ein Volltilgerdarlehen zu empfehlen ist
Wer ein dauerhaft hohes Einkommen hat, ist mit einem Volltilgerdarlehen sicherlich gut beraten. Denn wenn Sie die hohen Raten zuverlässig über einen langen Zeitraum zahlen können, sparen Sie Zinsen und sind schneller schuldenfrei als bei einem klassischen Annuitätendarlehen.
Für Baufinanzierer mit noch nicht abgeschlossener Lebens- bzw. Familienplanung oder einer eher unsicheren beruflichen Zukunft ist eine flexiblere Darlehensform daher sicherlich die langfristig bessere Wahl. Denn wenn z. B. Nachwuchs kommt, Sie Ihren Job verlieren oder spontan auf eine größere Reise gehen möchten, macht Ihnen ein Volltilgerdarlehen schnell einen Strich durch Ihre Rechnung. Bei der Entscheidung für oder gegen eine Volltilgung sind also nicht nur die Höhe der Monatsraten, sondern auch der lange Zeitraum zu bedenken, für den Sie sich verpflichten, diese hohen Raten zu zahlen.
Wann eine Volltilgung sinnvoll ist
Volltilgerdarlehen sind besonders in Tiefzinsphasen attraktiv. Denn bei niedrigen Bauzinsen lohnt sich eine lange Zinsbindung. So können Sie sich die niedrigen Zinsen für die gesamte Laufzeit sichern und entgehen daher dem Zinsänderungsrisiko, also der Gefahr, dass die Zinsen steigen und Sie dadurch höhere Zinskosten haben. Denn wie bereits erwähnt, sind die Zinsen bei einer Volltilgung bis zur vollständigen Rückzahlung des Darlehens konstant und können von der Bank nicht erhöht werden.
Sind die Zinsen zum Zeitpunkt des Darlehensabschlusses gerade hoch, dann ist von einem Volltilgerdarlehen abzuraten. Denn das Geld, das Sie durch die schnellere Tilgung sparen, wird Ihnen durch die vergleichsweise hohen Zinskosten sofort wieder aus der Tasche gezogen. Durch die feste Zinsbindung während der gesamten Laufzeit besteht leider auch keine Möglichkeit, von niedrigen Zinsen zu profitieren, sollten sie in dieser Zeit wieder sinken.
Ein Volltilgerdarlehen spart Geld, weil Sie schneller schuldenfrei sind und daher weniger Zinskosten haben. Bezogen auf die Laufzeit ist es allerdings mit sehr viel höheren Kosten verbunden, die Monat für Monat und Jahr für Jahr auf Ihren Schultern lasten.
Ist ein Volltilgungsdarlehen auch möglich als Anschlussfinanzierung?
Selbstverständlich können Sie sich auch erst im Rahmen Ihrer Anschlussfinanzierung, also nach Ablauf der Sollzinsbindung eines Annuitätendarlehens, für ein Volltilgerdarlehen entscheiden. Weil es sich dann um eine niedrigere Kreditsumme handelt, lässt sich mit Ihrer bisherigen Rate eine spürbar höhere Tilgung erzielen. Das führt dazu, dass Ihre Restschuld deutlich schneller abbezahlt werden kann – bei derselben monatlichen Belastung wie bisher.